Flytja ...

... jetzt könnte ich Horrorgeschichten erfinden, dass wir in Island nicht mal Büros haben und immer auf dem Boden arbeiten müssen. Peter und Sarah ziehen um, und so haben wir in der leeren Wohnung auf die Ikea-Anlieferung gewartet und einstweilen Paper-Referee-Reports besprochen.
... in Island sieht es ja fast so aus wie Thailand.
Mottumars ...
... die isländische Mode ist fast so ungewohnt wie das Wetter. Die Brillen
sind riesig und aus massivem Horngestell. Frauen tragen abends sehr tiefe Ausschnitte, sehr kurze Röcke und gelegentlich Kniestrümpfe über die Wollstrumpfhosen. Felle und tote Tiere sind als Accessoires beliebt. Wobei mich der tote Fuchs etwas erschreckt hat, der sich in einer Kneipe an meinem Gesicht vorbeidrängelte. Männer Anfang zwanzig gehen auch mal im Anzug in die Disko. Manche samt Weste, Krawattennadel und Einstecktuch.
Die Schnurrbärte hielt ich zunächst auch für eine Modeerscheinung. Sind sie aber nicht. Es ist mottumars, der Schnurrbart-März. Männer lassen sich Bärte wachsen und stellen Bilder davon ins Internet. Auf mottumars.is kann man sich über den dritten Link von links die gesammelten Schnurrbartbilder ansehen und Geld spenden. Das fließt in die Krebsforschung. Eine ungewöhnliche Aktion, aber anscheinend machen viele Leute mit und ich hab sogar ein Geschäft gesehen, das im März Männern mit Bart Rabatt gewährt.
...das entspricht wohl dem hierzulande abgehaltenen Movember...
80er-Jahre-Porno-Schnurrbart, yeah! ;-)
Viðey ...
... die kleine Insel vor Reykjavik habe ich heute besucht.
Die Bucht, von der die Fähre fuhr, war mit Eis bedeckt und außer mir wollten nur vier andere Touristen übersetzen. Dafür gab es noch den Ticketverkäufer, der auch als Schiffsjunge das Boot an- und ablegen half, den Kapitän (der uns fragte, ob wir uns wirklich sicher sind, dass wir auf die Insel fahren wollen) und eine Frau mit ihrem Sohn, die das Kaffee auf der Insel betreiben.

Auf der Insel steht ein Kunstwerk von Yoko Ono, der Imagine Peace Tower. Es sieht recht unspektakulär aus. Ein großer runder Tank, auf dem in vielen Sprachen "Stelle Dir vor es wäre Frieden" steht. Im Winter, vom Geburtstag bis zum Sterbetag von John Lennon, strahlt aus dem Zylinder Licht senkrecht nach oben in den Himmel. Sie hat für ihr Kunstwerk ein Land ausgewählt, das keine Armee hat und in dem die Energie nichts kostet.

Schöner fand ich ein anderes Kunstwerk. Rund um die Insel stehen Stelen-Paare. Jeweils eine Säule, die drei Meter hoch ist und zehn Meter über dem Meeresspiegel beginnt, und eine vier Meter hohe, neun Meter über Null. Somit enden sie auf gleicher Höhe und ihr Abstand zeigt die Steigung des Geländes.

Der Weg war sehr anstrengend, mit jedem Schritt bin ich bis zum Knöchel im Schnee versunken. Es wurde immer stürmischer und als ich bis zu den Knien in einem zugeschneiten Loch stand, habe ich das GPS angeschalten um zu sehen, wieviel ich von meinem geplanten Rundweg schon geschafft habe. Es war nur ein knappes Viertel. Da hab ich doch aufgegeben und mich auf den Rückweg gemacht. Die Spuren meines Hinweges waren an manchen Stellen schon wieder zu einer ebenen Schneefläche verweht worden. Ich war wirklich froh, als ich die Anlegestelle und das Kaffee erreicht hatte. Die Waffel mit Sahne habe ich mir heute hart erarbeitet.
Hrafn Gunnlaugsson ...
... ist ein isländischer Filmregisseur. Sein wohl bekanntester Film ist "Der Flug des Raben", ein Vikingerfilm, der 1984 auch auf der Berlinale gezeigt wurde. Manuel, mein kubanischer Kollege, kennt ihn aus Havanna und so war die ganze Arbeitsgruppe samt Partnern und Freunden zu Hrafn eingeladen.

Über das ganze Gelände sind Skulpturen verstreut und das Haus ist von innen mindestens so außergewöhnlich wie von außen mit nordischem Saga-Dekor, alten Schiffsteilen und kubanischen Bildern. Von der Terrasse hat man einen tollen Blick über Reykjavik, die Bucht und das Meer.
St. Patrick's ...
... war am Donnerstag und wurde in Reykjavik gefeiert. Wobei ich bezweifle, dass im überfüllten Irish Pub auch nur ein Ire war.

Ein Isländer hat mich ausgefragt, was ich in Reykjavik mache. "Dann bist du also Quantenphysiker?" "Naja, ich verwende Methoden, die auf quantenmechanischen Prinzipien beruhen." "Dann bist du Quantenphysiker. Und ich habe noch nie einen Quantenphysiker getroffen. Du bekommst ein Bier von mir." Und zwei Minuten später hatte ich ein neues Bier, einen St. Patrick's Day Hut und der Isländer war wieder in der Menge verschwunden. Vielleicht ist das wirklich der freundlichste Tag des Jahres.
Waffle járn ...
... schon länger habe ich mich gewundert, was mein indischer Mitbewohner Kallyan wohl so regelmäßig mit dem Waffeleisen macht. Er kocht wirklich gutes Essen, aber dass er alle paar Tage Waffeln bäckt, konnte ich mir doch nicht vorstellen. Heute hab ich es endlich verstanden. Wir besitzen keinen Toaster.
